Gerlach

Gerlach
I
Gẹrlach,
 
Graf von Nassau-Saarbrücken, Kurfürst und Erzbischof von Mainz (seit 1346), * 1322, ✝ Aschaffenburg 12. 2. 1371; Enkel König Adolfs, wurde zum Erzbischof erhoben, um die Wahl Karls (IV.) vorzubereiten. Karl IV. bestätigte dafür den Mainzer Erzbischöfen in der Goldenen Bulle (1356) die Leitung der Königswahl und das Letztstimmrecht.
 
II
Gẹrlach,
 
1) Ernst Ludwig von, preußischer Jurist und Politiker, * Berlin 7. 3. 1795, ✝ ebenda 18. 2. 1877, Bruder von 3); 1842 Mitglied des Staatsrats und 1844-74 Präsident des Oberlandes- und Appellationsgerichts in Magdeburg. Als entschiedener Konservativer christlich-ständischer Prägung forderte er einen theokratischen Staat, der zusammen mit der Kirche an der Formung des Gottesreichs arbeiten sollte. Politische Bedeutung erlangte er v. a. seit 1848, als er zusammen mit F. J. Stahl die preußische Konservative Partei und als deren Organ die »Neue Preußische Zeitung« (»Kreuzzeitung«) gründete und (mit seinem Bruder an der Spitze der »Kamarilla«) Berater von König Friedrich Wilhelm IV. wurde. Gerlach führte 1849 in der 1. Kammer, 1850 im Unionsparlament und 1851-58 im Abgeordnetenhaus die äußerste Rechte; er wurde wegen der preußischen Interessenpolitik O. von Bismarcks Gegner; der endgültige Bruch mit Bismarck erfolgte 1866. Im Kulturkampf schloss er sich im Landtag und im Reichstag (seit 1873) als Hospitant dem Zentrum an. Nach einer Verurteilung wegen publizistischer Beleidigung Bismarcks nahm er 1874 den Abschied aus dem Staatsdienst.
 
 2) Helmut von, Publizist und Politiker, * Mönchmotschelnitz (bei Wohlau, Schlesien) 2. 2. 1866, ✝ Paris 1. 8. 1935; Mitbegründer des Nationalsozialen Vereins und der Demokratischen Vereinigung; 1903-06 Mitglied des Reichstags für die Freisinnige Vereinigung; wirkte im Ersten Weltkrieg (1914-18) als radikaler Pazifist; November 1918 bis März 1919 Unterstaatssekretär im preußischen Innenministerium; führte einen publizistischen Kampf gegen Rechtsradikalismus und Militarismus (Gründungsmitglied der Deutschen Friedensgesellschaft, Vorsitzender der deutschen Liga für Menschenrechte, Chefredakteur der Berliner Zeitung »Die Welt am Montag«); emigrierte 1933 nach Österreich, danach nach Frankreich.
 
 3) Ludwig Friedrich Leopold von, preußischer General (seit 1859), * Berlin 17. 9. 1790, ✝ Potsdam 10. 1. 1861, Bruder von 1); Teilnehmer der Kriege von 1806 und 1813-15, zuletzt im Stab G. L. Blüchers, gehörte unter dem Einfluss Savignys zu den die Anfänge des preußischen Konservativismus zwischen 1811 und 1816 bestimmenden Persönlichkeiten; er war geprägt durch das Christentum der pommerschen Pietisten und C. Brentanos sowie beeindruckt durch K. L. von Hallers Ideen eines Patrimonialstaats. 1824 wurde Gerlach Adjutant des Prinzen Wilhelm (I.); König Friedrich Wilhelm IV. war er in enger Freundschaft verbunden. Als Anhänger des Legitimismus, des Ständestaats und der Heiligen Allianz förderte er nach 1848 als Haupt der »Kamarilla« um den König die Berufung von F. W. Graf von Brandenburg und die Preisgabe der von J. M. von Radowitz betriebenen Unionspolitik. Gerlachs Briefwechsel mit O. von Bismarck zeigt klassisch den Gegensatz von Prinzipien- und Realpolitik.
 
 4) Manfred, Politiker, * Leipzig 8. 5. 1928; Jurist, schloss sich am 1. 9. 1945 der LDPD an; war 1950-54 Bürgermeister von Leipzig, 1954-67 Generalsekretär der LDPD, ab 1960 einer der stellvertretenden Vorsitzenden des Staatsrates der DDR. Als Vorsitzender der LDPD (30. 11. 1967-10. 2. 1990) betonte er die enge politische Ausrichtung seiner Partei auf die allgemeine Linie der SED; unter dem Eindruck einer wachsenden Oppositionsbewegung in der DDR suchte er sich im September/Oktober 1989 vergeblich als Reformpolitiker zu profilieren. Nach dem Rücktritt von E. Krenz (SED) »amtierender« Vorsitzender des Staatsrates der DDR (6. 12. 1989bis März 1990), wurde Gerlach mit der Eingliederung des Bundes Freier Demokraten in die FDP (August 1990) deren Mitglied, trat jedoch im November 1993 aus.
 
 5) Philipp, Baumeister und Ingenieur, * Spandau (heute zu Berlin) 24. 7. 1679, ✝ Berlin 17. 9. 1748; Hofbaumeister Friedrich Wilhelms I., beeinflusst von der zeitgenössischen französischen und niederländischen Architektur. Sein Hauptwerk war die Garnisonkirche in Potsdam (1730-35; Schiff im Zweiten Weltkrieg zerstört, Turm 1968 gesprengt). 1732-36 leitete er die Erweiterung des von Hugenotten besiedelten Berliner Stadtteils Friedrichstadt.
 
 6) Walther, Physiker, * Biebrich (heute zu Wiesbaden) 1. 8. 1889, ✝ München 10. 8. 1979; Professor in Frankfurt am Main (1921-24), Tübingen und seit 1929 in München; bestimmte 1916 durch Präzisionsmessung den Wert der Stefan-Boltzmann-Konstanten und wies gemeinsam mit Otto Stern 1921 die Richtungsquantelung von Atomen durch Ablenkung von Atomstrahlen im inhomogenen Magnetfeld nach (Stern-Gerlach-Versuch). Gerlach arbeitete ferner über die quantitative Spektralanalyse und den Zusammenhang zwischen Atombau und Magnetismus.
 
Werke: Die experimentellen Grundlagen der Quantentheorie (1921); Materie, Elektrizität, Energie (1923); Die chemische Emissions-Spektralanalyse, 3 Bände (1930-36, mit E. Riedl u. a.); Magnetismus (1931); Physik des täglichen Lebens (1957); Humanität und naturwissenschaftliche Forschung (1962); Johannes Kepler. Leben und Werk (1966, mit M. List).

Universal-Lexikon. 2012.

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